Gwen
Gwen Kanína
Kurzportrait
1979 geboren in der Nähe von Bern CH
Wohnhaft in Worb CH
Die lange Fassung
Irgendwo, wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen, Felder auf Wälder treffen, da wurde ich geboren; in einem Haus voller Bücher.
Auf dem Land ist nicht viel los, daher ist die Schule eine willkommene Abwechslung. Ich konnte es kaum erwarten, endlich dorthin zu dürfen um Lesen und Schreiben zu lernen, denn Worte – das war mir schon früh klar – beinhalten den Sinn und das Geheimnis des Lebens. Natürlich dauerte es mir bis zur ersten Klasse viel zu lange, also brachte ich mir notgedrungen das Lesen und Schreiben selber bei um den süssen Nektar des geschriebenen Wortes endlich selber kosten zu können. Schliesslich kann man so weit draussen auf dem Land – wohin sich nicht einmal ein Postauto verirrt – nicht viel mehr tun ausser Lesen und stundenlang durch die Wälder zu streifen.
Die ereignislose Kindheit auf dem Land hat aber nicht geschadet. Wir konnten uns nach Herzenslust in der freien Natur austoben und wir lernten, uns selbst zu beschäftigen, was die Denkfähigkeit ungemein fördert. Es regt auf jeden Fall die Fantasie an.
Meine Grossmütter haben mich mit unzähligen Mythen und Märchen angefüttert und erzählten mir harmlose Spukgeschichten. Das Knacken und Knarzen in dem alten Haus, das Rauschen des Windes im Wald, das Gurgeln der Bäche – die Fantasie ging regelmässig mit mir durch. Hinter jedem Busch waren Gnome, Wichtel und Feen zu entdecken, in einer Höhle, ganz oben in den bewaldeten Hügeln wohnte ein Drache und in den düsteren Ecken unseres Hauses wachten gutmütige Geister über uns. So gesehen war ganz schön viel los, dort wo ich aufwuchs. Ich schrieb und schrieb und schrieb. Jeden Tag erfand ich neue Geschichten über tapfere Mädchen, die sich heldinnenhaft in immer wildere Abenteuer stürzten. Denn allzu oft vermisste ich diese positiven weiblichen Vorbilder in den Büchern, die man mir vorsetzte. Geschichten mit männlichen Helden kamen mir unnatürlich und aufgeblasen vor, denn in unserer Familie standen drei starke Frauen an den Schalthebeln. So haben mich meine Eltern – ohne es zu beabsichtigen – zur Feministin geformt. Dafür bin ich ihnen noch heute Dankbar.
Zusammen mit meiner ersten Menstruation kam die Erkenntnis, dass weibliche Körper anders bewertet werden als männliche, was mich sehr stutzig machte und in meinen Augen weder Sinn ergab noch fair war. Mit der Phrase «das war schon immer so!» geht bei mir noch heute die Hutschnur hoch. Denn durch meine ständige Schreiberei in meiner Jugend habe ich es mir früh angewöhnt, die Dinge zu hinterfragen. Daher auch mein gesteigertes Interesse an gesellschaftspolitischen Themen.
Ein weiteres Interesse neben Märchen, Fantasyliteratur und Romanen übers Reisen, ist und war, seit ich denken kann, Geschichte. Ich weiss noch, wie ich mit acht Jahren bei einem Schulausflug in einem Museum am liebsten gleich in der keltischen Abteilung eingezogen wäre. Endgültig packte mich der Geschichtsvirus, als die Grossmutter einer Schulfreundin beim Gartenumgraben auf ein Skelett stiess und die Polizei bei Ankunft meinte, da müsse wohl eine Archäologin ran. Schliesslich wurde im Garten der verwunderten Frau ein alemannischer Friedhof freigelegt. Da wurde mir klar, ich werde Archäologin. Denn was kann es Schöneres geben als im Dreck zu knien und die Vergangenheit heraus zu buddeln?
Meine Eltern zeigten da eher weniger Verständnis, sie meinten ich solle etwas Vernünftiges lernen, wie Krankenschwester. Schliesslich zog es mich in urbanere Gefilde, wo ich mich in einem handwerklichen Beruf ausbilden liess.
Die Faszination für das Geschriebene war aber stärker und jetzt sitze ich wieder da wo alles angefangen hat, am Schreibtisch und schreibe und schreibe und schreibe.
Und das ist die Geschichte der Häsin, bisher…